Vor sieben Jahren bin ich von Bochum, Nordrhein-Westfalen, zum Gmundnerberg im Salzkammergut nach Oberösterreich gezogen, um für meine Mutter da zu sein und sie bis zu ihrem Tod zu pflegen. Aus ihrem Habitat und der herrlichen Landschaft am Attersee wollte ich sie nicht herausreißen. Eine wunderschöne Frau und wunderbare Mutter, die das Leben so nahm wie es kam, bescheiden und zufrieden mit dem, was sie hatte und  ihr Leben für andere opferte, für ihr krankes Kind, meine Schwester.

Mit fast 92 sehe ich sie immer noch in ihrem blumigen Ohrensessel aus samtigem Stoff vor der Terrassentür sitzen mit einem Lächeln im Gesicht, stundenlang lesen oder ihr Gobelinbild nähen. Als ich sie fragte, ob sie jemals in ihrem Leben einen Burnout oder Depressionen hatte, antwortete sie mir kurz darauf: “Wir haben nach dem Krieg viel gearbeitet und keine Zeit für Depressionen gehabt.” Dann fragte ich mich, ob es wirklich so gewesen sei, oder doch alles verdrängt wurde. Mit 17 Jahren ging sie eine Zwangsehe ein, meine Großeltern wollten sie nicht in der russischen, sibirischen Kälte und in der Einsamkeit verlieren. Sie heiratete meinen Vater, den fleißigen, rumänischen Kerzenmacher und sie bekamen zwei Kinder. Verlobt war sie damals mit dem deutschstämmigen Engelbert K., ihre erste große Liebe, der sie nach seiner Rückkehr aus dem Krieg und aus der amerikanischen Gefangenschaft suchte. Das Kind des Rumänen trug sie unter ihrer Brust, ein Mädchen, die mit 21 in die Psychiatrie eingewiesen wurde.

Sie trafen sich bei der Tante in Temeschburg und am gleichen Tag verlies er sie mit gebrochenem Herzen. Der ehemalige Soldat der deutschen Panzerdivision Wiking ließ sich am Attersee in Oberösterreich nieder. Später als seine Frau und mein Vater verstorben waren lud er seine erste große Liebe “Kuki” zum Attersee ein und sie blieb 15 Jahre. Als er starb, musste sie aus seinem Haus ausziehen und wir zogen beide auf dem Gmundnerberg mit Hühner und Bienen, mit Tomaten, die nach Heimat schmeckten.

Mein erster Roman  ist auch aus dieser Geschichte entstanden und aus der wahren und traurige Geschichten der Kinder aus Cighid in Rumänien, während der Ceaucescu Ära, verwoben mit Reellem und Fiktionalem: “Imoschenkos Picasso und die Kinder aus Cighid” – ein gesellschaftskritischer Kriminalroman mit einer deutschstämmigen Protagonistin, die für Amnesty International arbeitet und einer Robin Hood Organisation, mit deren Hilfe sie einen russischen Oligarchen des GazproOil Konzerns um seine Kunstwerke prellt. (Mehr davon nach der Veröffentlichung.)